„Excavation Dust“ ist die zweite Ausstellung mit Werken des deutschen Künstlers Andreas Golinski (*1979) in der Hezi Cohen Gallery. In den neu entstandenen Arbeiten verdichtet er seine Reflexionen über die Präsenz des Vergangenen in der Zukunft in konsequenter Weise.
Golinskis oft repetitiv eingesetzte Hybridisierungen von Architektur und Skulptur erscheinen in ihrer reduzierten Formensprache zunächst wie Anleihen aus dem Minimalismus. Ihre Bedeutung bleibt jedoch nicht auf die Anordnung im Raum, die bloße Form oder reine Materialität beschränkt. Die Verwendung industrieller Materialien wie Beton und Stahl ist in seinen Werken zwar von essentieller Relevanz, zielt jedoch auch auf eine unpersönlich kalte, mitunter martialische Wirkung und die raue Ästhetik des Maroden ab.
Die architektonischen Skulpturenensembles Golinskis sind grundsätzlich ortsspezifisch angelegt. Dies bezieht sich nicht nur auf den Ausstellungsraum. Das vorrangige Interesse des Künstlers gilt der Vergangenheit und den mit ihr verbundenen, oft verstörenden Geschichten. Historische Tiefenbohrungen und Archivrecherchen liefern ihm die Substrate seiner Werke. Die Überführung des Vergangenen in die Gegenwärtigkeit eines Objekts oder einer Installation vollzieht sich dabei nicht narrativ oder visuell; Golinkis Arbeiten verweisen vielmehr auf nicht mehr oder nur noch bruchstückhaft Vorhandenes. Über die Materialität und Anordnung der Einzelelemente wird dabei eine – oft beklemmende – Atmosphäre generiert, die das Geschehene für den Betrachter nachempfindbar macht. Es sind Instrumente der Sichtbarmachung von Ereignissen, die zwar aus der kollektiven Erinnerung verschwunden, aber dennoch nicht ungeschehen und daher nach wie vor präsent sind.
In „Excavation Dust“ löst Andreas Golinski gezielt Irritationen aus: Am Boden und an den Wänden des Galerieraums sind reale wie nachgebildete Türen angebracht, einige geschlossen, andere leicht geöffnet. Eine Skulptur, die als spitze Ecke eines Raumes und zugleich als Außenkante eines Gebäudes zu lesen ist, wird kombiniert mit einem Gehäuse, in dem sich eine miniaturhafte Bodentür befindet. Hinzu kommen skulpturale Abbreviaturen ruinöser Architekturen, aus denen rostiger Armierungsstahl ragt.
Mit diesem Verwirrspiel unterwandert Golinski die räumliche Logik und die soziale Funktion von Architektur. Wie auf einem Display vereint er die Phänomenologie von Außen- und Innenraum sowie unterschiedliche Arten von Perspektive mit Zeitlichkeit – ein Verfahren, das Giovanni Battista Piranesi im 18. Jahrhundert mit seinen albtraumbehafteten „Carceri“ initiierte.
Das Motiv der Tür als Sinnbild der Transzendenz von einer Sphäre in eine andere hat eine lange ikonographische Tradition. Wohin die Türen in „Excavation Dust“ führen, ob in eine düstere Vergangenheit, ins bodenlose Nichts oder in eine ungewisse Zukunft, bleibt vage und obliegt der Imagination. Diese Unbestimmtheit wird in der Suggestion des Ruinösen, dem notwendig fragmentarischen Charakter der Reflexion über Gewesenes deutlich.